H. Küng, geb.1928, katholischer Theologe / Projekt Weltethos

H. Küng

Glauben und Vertrauen
 

 "...Es geht beim Glauben, um es kurz zu sagen, um einen Akt des Vertrauens. Und das ist ein durchaus verständiges Tun: wir verstehen, was wir glauben. Aber es ist gleichzeitig mehr als ein rationales Tun: Wir lassen uns im Glauben - erneut wie in der Liebe! - auf etwas ein, das mehr ist als Vernunft. Kann ich gegenüber jener geheimnisvollen letzten Wirklichkeit, die zugleich die erste ist und die wir mit dem Namen «Gott» bezeichnen, überhaupt eine andere Haltung einnehmen? Wir sehen Gott nicht. Er ist nicht evident, er ist nicht greifbar. Wäre es anders, wäre er nicht Gott. Diese letzte Wirklichkeit kann nur auf Vertrauen hin angenommen werden: dass ich mich unbedingt darauf einlasse, als ganzer Mensch mit allen Kräften meines Geistes, dass diese allerletzte und allererste Wirklichkeit, die auch den ersten Wasserstoffatomen vorausgeht, existiert und mir etwas Entscheidendes für mein Leben und Sterben zu sagen hat. So ist Glaube zugleich ein Akt des Erkennens, des Wollens und des Fühlens ein grundlegendes Vertrauen gegenüber Gott selbst, das ein Fürwahr-Halten von bestimmten Wahrheiten durchaus einschließt.

...Christlicher Glaube ist nicht primär Wunderglaube. Wunderglaube kann ja auch Wundersucht bedeuten. Und die gibt es in allen Religionen und sogar bei Nichtreligiösen in all den zahlreichen Formen des Aberglaubens. «Wunder» im guten Sinn, nämlich zeichenhafte charismatische Taten, hat Jesus in einem doppelten Sinne gewirkt, wie auch die kritischsten Historiker zugeben: einmal Krankenheilungen und dann Dämonenaustreibungen, Heilungen psychisch Kranker, etwa epileptischer Menschen, Krankheiten, die damals allgemein mit Dämonen in Verbindung; . gebracht wurden. Andere Wunder, insbesondere Naturwunder wie das Wandeln über den See, können nach dem heutigen Stand der Forschung nicht ohne weiteres als historische Tatsachen gesehen werden. Aber auch Jesu echte charismatische Taten sind keine eindeutigen Argumente der Glaubwürdigkeit, mit denen sich der Glaube beweisen ließe."
 

(H. Küng:-Wegzeichen für die Zukunft,S.45)


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