FEUERBACH |
Sein Wirklichkeitsbegriff
lässt nur materielles Sein als real gelten und verdächtigt alles
geistige Sein als bloßes Gedachtsein; dieses Realitätsverständnis
ist in seiner Einseitigkeit unhaltbar und setzt sich unbegründet selbst
absolut.
Sein Religionsbegriff
ist einseitig und wird der Differenziertheit und Komplexität des Phänomens
Religion nicht gerecht. Theismus und (ein einseitig gezeichnetes) Christentum
liefern die Modelle zu einem Einheitsbegriff der Religion. Feuerbach hat
sein Religionsbild aus einem Christentum abgeleitet, das Frömmigkeit
verjenseitigt und individualisiert; die Welt wird nur mehr als Jammertal
und Ort der Sünde wahrgenommen.
Über solcher Engführung werden all die biblischen Traditionen
vernachlässigt, die von Exodus und Befreiung sprechen, von prophetischem
Protest und messianischen Hoffnungen für die Hoffnungslosen, von Gottes
Reich für diese Welt schon jetzt, von Solidarität mit den ewig
Zukurz- und Zuspätgekommenen, von der Seligpreisung der Armen, Hungernden,
Weinenden. Ein individualisiertes, verjenseitigtes Christentum ist von
der Entdeckung des "Gottes der kleinen Leute" soweit entfernt wie seine
Kritiker.
Sein Menschenbild
blendet die Erfahrung aus, dass Begrenzung und Scheitern elementare Lebenserfahrungen
sind, die allein innergeschichtlich nicht aufzulösen sind.
Zur Projektionsthese:
Die These, dass die Götter hinausprojizierte Wünsche des Menschen
sind, ist doppelt fragwürdig: der Vorwurf der Projektion trifft nur
(zu Recht) die menschlichen Illusionen; dass jenseits meiner Wünsche
und Illusionen nichts sei, kann Feuerbach nicht widerlegen. "Wenn die Götter
Wunschwesen sind, so folgt daraus für ihre Existenz oder Nichtexistenz
gar nichts" (E.von Hartmann).- Zum andern: die These lässt die vielen
Belege unbeachtet, die von Gott in seiner radikalen Andersartigkeit und
Fremdheit sprechen. Dennoch: Empirisch lässt sich der Vorwurf der
Illusion nicht mit dem Hinweis auf die Offenbarung Gottes in Christus entkräften.
Der Charakter des Wagnisses und des Missverständnisses gehört
zum bleibendem Signum des Glaubens.
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