Rolf Dober

 
 Jesusbilder im Wandel der Jahrhunderte
Über die Jahrhunderte hinweg ist Jesus Christus immer wieder neu dargestellt worden.
Die Geschichte Jesu Christi wird dabei so bearbeitet, dass sie für die jeweilige Zeit verständlich ist: 
In Mosaiken, Skulpturen, Bildern, Graffiti und nicht zuletzt Kruzifixen. 
Im 20. Jahrhundert kommen die Jesusfilme dazu, die ebenfalls ihre eigenen Jesusbilder entwickeln.

Alle diese Bilder zeigen die jeweils aktuelle Bedeutung, die Jesus für den Künstler und den Glauben hat bzw. gehabt hat. Erstaunlich ist, wie stark sich die Jesusbilder gewandelt haben.

Bis zum Ende des 2. Jahrhunderts sind - bedingt durch das alttestamentliche Bilderverbot - keine Jesusdarstellungen zu finden. 
Darstellungen des gekreuzigten Jesus gibt es in der Antike nicht, denn das Kreuz galt als Ort der Schande. Bekannt ist allerdings eine Spottdarstellung aus dem 3. Jahrhundert.

Die hier vorgenommene Einteilung ist aus der europäischen Perspektive entstanden. 
Jesusbilder in Afrika oder Südamerika wären eine eigene Untersuchung bzw. Darstellung wert.


 
 
Jesus als guter Hirte

Ab dem 3. Jahrhundert bediente man sich des Bildes des guten Hirten, der sich selbst hingibt, um die verlorenen Schafe zu retten. Die ältesten Jesusdarstellungen konnten dabei auf das Motiv des Schafträgers zurückgreifen, das in der Antike weit verbreitet war und als Allegorie der Menschenfreundlichkeit verstanden wurde.
 
 
Lehrer / Philosoph

Im 4. Jahrhundert tauchen Darstellungen von Jesus als Lehrer auf.
Auffällig ist die Nähe zu Philosophendarstellungen. Das neue Selbstbewusstsein der Christen nach der konstantinischen Wende schlägt sich auch in den Bildern nieder.
 
Siegreicher Kämpfer
und Weltenherrscher

Beeinflusst vom byzantinischen Kaisertum kommt ab dem 6. Jahrhundert das Bild des Herrschers (Imperator und Pantokrator) auf. Typisch sind der Kopf, der den Betrachter gerade anschaut, die Handhaltung der rechten Hand und das Buch des Lebens in der linken. Es ist das Bild des ernsten Mannes, mit kaiserlichen Hoheitszeichen und unnahbar.
Leidender Christus
Grünewald, Isenheimer Altar , ca. 1500
Im Mittelalter, vor allem in der Gotik (13.-14. Jhd.), wird die Menschlichkeit Jesu aufgegriffen, Christus als Leidender und von Schmerzen Entstellter dargestellt. Mit dem leidenden Christus konnten sich viele Menschen identifizieren. Sie fanden Trost darin, dass sie durch ihre eigenen Leidenserfahrungen mit Christus verbunden waren.
Salvator Mundi
Erlöser der Welt

Die Darstellung des "Salvator mundi" ein Bildtypus,
der im Spätmittelalter (14./15. Jh.) entstand: 
Die rechte Hand hält Christus zum Segen erhoben, 
in der linken hält er eine Kugel oder einen Reichsapfel.
Die Darstellung von Leonardo da Vinci wurde am 15.11.2017 für 450 Mill. Dollar verkauft.
  
In der Renaissance (15./16. Jhd.) herrschte dagegen eine optimistische Aufbruchstimmung. Die Wiederbesinnung auf das Wissen der Antike führte zu einem großen Fortschritt in der Wissenschaft und Kunst. Dementsprechend wird Christus wieder nach antiken Vorbildern vermehrt als Heros (Held) oder Herrscher abgebildet. Da Vinci, Dürer, Cranach und Bruegel gestalteten viele eindrucksvolle Werke.
 
Rembrandt - Jesus
Im 17./18. Jhd. (Barock) entfaltet sich ein farbenfroher sinnlicher Stil. Rembrandts Meisterwerke greifen viele biblische Szenen des Neuen Testaments auf.
 
Herz-Jesu-Bilder
Darunter versteht man die Darstellung des blutenden Herzens Jesu, von Dornenkrone oder Glorie eingefasst. Der sanfte Jesus, der naturalistisch dargestellte Nazarener dominiert die Darstellung. Das Motiv taucht auch auf den Heiligenbildchen des 18./19. Jahrhunderts auf (Verniedlichung, Verkitschung). 
Expressionismus (Ende 19. - Beginn 20 Jhd.)
Der Expressionismus versucht, das Wesentliche eines Gegenstandes zum Ausdruck zu bringen. Dies geschieht jedoch nicht durch detailgetreue Abbildung, sondern durch Formveränderung und unkonventionelle Farbwahl. Beispiel: Emil Nolde (1867-1956)  "Abendmahl"(1909) oder das "Leben Jesu"(9 Bilder 1911/12). 
 
J. Beuys - Kreuzigungsgruppe
20. Jahrhundert - Abstraktion, Verfremdung, Gesellschaftskritik
Im Laufe des 20. Jahrhunderts gab es viele weitere Interpretationen von christlichen Motiven, auch von Künstlern, die nicht religiös waren. Tradition und Provokation, Kritik und Politik, Spott und Verehrung, Verzweiflung und Hoffnung finden in den Werken ihren Ausdruck.. 
Es ist nicht möglich, die vielen Versuche auf einen formalen oder inhaltlichen Nenner zu bringen. Viele Bilder zeigen Jesus als einen heutigen Menschen, der an den gesellschaftlichen Zuständen leidet.
 



Internet - Dieses Symbol führt zu weiteren Internetseiten  Hier findet man mehr:

Jesus-Darstellungen in der Kunstgeschichte (Sonntagsblatt)
RPI-Vituell - 2000 Jahre Christusdarstellungen in der Kunst
 


Nach:
K. Winnekes: Christus in der bildenden Kunst
Konzepte 6 - Jesus Christus
W. Trutwin (Hrsg): Christus erkennen


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