Zustimmung oder Widerspruch ?
Das Transplantationsgesetz

 
 
In Deutschland fehlen Spenderorgane. Gesundheitsminister Jens Spahn wollte, dass jeder Bundesbürger automatisch Organspender ist – es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. 

Gegen den entsprechenden Entwurf stimmten (am 16. 1. 2020) 379 Bundestagsabgeordnete, 292 stimmten dafür. Für die erweiterte Zustimmungslösung bei Organspenden stimmten 382 Abgeordnete, dagegen votierten 261.
Die Bürger sollen zudem künftig mindestens alle zehn Jahre auf Organspenden angesprochen werden, beispielsweise wenn sie einen Personalausweis beantragen oder einen Arzt besuchen. 
 
Widerspruchslösung - Pro und Contra
 

                                 Geltendes Recht
 
Die rechtliche Grundlage bildet zur Zeit  die sogenannte "erweiterte Zustimmungslösung", d.h., dass Angehörige entscheiden, ob die Organe für eine Transplantation zur Verfügung stehen, wenn der Verstorbene selbst keine Erklärung (Organspendeausweis) abgegeben hat
Unterschiedliche Modelle  der Organspenderegelung Schweigen als Zustimmung?
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In eine Organspende kann ab dem vollendeten 16. Lebensjahr eingewilligt werden. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr kann einer Organspende widersprochen werden. 

Aufklärung über die Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende soll die gesamte Tragweite der Entscheidung abbilden und muss ergebnisoffen sein. Um das zu gewährleisten, erhalten (seit 2012) alle bei einer deutschen Krankenversicherung versicherten Menschen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alle zwei Jahre Informationsmaterialien sowie den Organspendeausweis kostenfrei zugeschickt.

In den europäischen Ländern werden dabei unterschiedliche Modelle gewählt. Die Vor- und Nachteile dieser Modelle und Lösungen sind nach wie vor umstritten. Der Mangel an Spenderorganen hat auch in Deutschland zu einer Diskussion geführt, welche die Widerspruchslösung wieder ins Gespräch gebracht hat.

Widerspruchslösung - Schweigen als Zustimmung (Deutschlandfunk)
Widerspruchslösung - Pro und Contra (Unterrichtsprojekt)


 
 
 
  Weiterführende Texte

Keine christliche Verpflichtung zur Organspende
  Evangelische Kirche nimmt Stellung zu den Vorschlägen des Bundesgesundheitsministers (2018)

Widerspruchslösung  - Ein Streitgespräch
   "Fluter" (2019)

Widerspruchslösung bei der Organspende - Schweigen als Zustimmung
  Deutschlandfunk (1. 9. 2019)

Organspende und Selbstbestimmung
  Aufsatzsammlung 2011 (BPB)

Das Transplantations- /Organspendegesetz in Deutschland (1997)
  Eine Übersicht - Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung

Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen
  Das gesamte Gesetz

Modelle zur rechtlichen Regelung der Organspende
  Kontroversen um das Transplantationsgesetz 1997

Rechtliche Regelungen in anderen europäischen Ländern

Sabine Müller (2011)  Wie tot sind Hirntote?
  Neue Erkenntnisse widerlegen die bisherige Begründung für die Gleichsetzung von Hirntod und Tod (BPB)
 

 
Das Transplantations- /Organspendegesetz in Deutschland

Im breitem Konsens haben 1997 Bundestag und Bundesrat das Transplantationsgesetz (TPG) verabschiedet. Es regelt die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben einschließlich der Voraussetzungen für eine Lebendspende und stellt den Organhandel unter Strafe. Es schafft damit Rechtssicherheit in diesem sensiblen Bereich. Das Gesetz fördert ein Höchstmaß an Transparenz und Gerechtigkeit bei der Verteilung der Spenderorgane.

Das Transplantationsgesetz trägt damit ganz erheblich dazu bei, dass die Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit aller Beteiligten das notwendige Vertrauen setzen können. Für die Bereitschaft zur Organspende ist dieses Vertrauen unabdingbar: Nur wer sich sicher sein kann, dass sein Ja zur Organspende nicht in irgendeiner Weise ausgenutzt wird, wird sich dafür entscheiden.
Der Kodex der Deutschen Transplantationszentren, zu dessen Einhaltung sich die dort tätigen Ärzte verpflichtet haben, hat die Organspende, Vermittlung und Transplantation bereits in der Vergangenheit  (weitgehend) vor Missbrauch, Ungerechtigkeit und Organhandel bewahrt. 

Kernpunkte:

  • Lebenswichtige Organe wie Nieren, Herzen, Lebern, Lungen oder Bauchspeicheldrüsen dürfen nur an Transplantationszentren übertragen werden.
  • Die Bereiche Organentnahme, -vermittlung und -transplantation sind organisatorisch und personell voneinander zu trennen.
  • Organe dürfen - abgesehen von einer Lebendspende - erst entnommen werden, nachdem der Tod des Organspenders festgestellt wurde. In diesem Zusammenhang ist immer auch der Gesamthirntod des Spenders festzustellen.
  • Den Tod müssen zwei erfahrene Ärzte nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und unabhängig voneinander feststellen. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen müssen die Ärzte schriftlich dokumentieren.
  • Seine Entscheidung zur Organspende sollte jeder zu Lebzeiten schriftlich - etwa in einem Organspendeausweis - festhalten. Kommt im Todesfall eine Organspende aus medizinischer Sicht in Betracht, sind die nächsten Angehörigen zu befragen, ob sich der Verstorbene zu Lebzeiten für oder gegen eine Organspende erklärt hat. Ist ihnen darüber nichts bekannt, werden sie nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gefragt und gebeten, in seinem Sinne zu entscheiden.
  • Für die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe haben die Transplantationszentren Wartelisten zu führen. Die Aufnahme in die Warteliste und die Vermittlung der Spenderorgane müssen dabei nach Regeln erfolgen, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen.
  • Die Lebendspende eines nicht regenerierungsfähigen Organs, z.B. einer Niere, ist nur zugunsten eines Verwandten ersten oder zweiten Grades, Ehepartners, Verlobten oder einer dem Spender nahestehenden Person möglich.
  • Der Organhandel sowie das Übertragen und das Sich-Übertragenlassen gehandelter Organe werden unter Strafe gestellt.
  • Das Transplantations- /Organspendegesetz in Deutschland (1997)

     


    Das Transplantationsgesetz / Organspendegesetz
    Kontroversen um das Transplantationsgesetz 

    1997 wurde die rechtliche Grundlage für Organtransplantationen in Deutschland geschaffen.
    Die rechtliche Grundlage bildet nun die sogenannte "erweiterte Zustimmungslösung", d.h., dass Angehörige entscheiden, ob die Organe für eine Transplantation zur Verfügung stehen, wenn der Verstorbene selbst keine Erklärung (Organspendeausweis) abgegeben hat.
     

    Für ein bundeseinheitliches Transplantationsgesetz werden unterschiedliche Vorschläge diskutiert. Sie alle respektierten den zu Lebzeiten geäußerten Widerspruch gegen eine Organentnahme nach dem Tode.

    Enge Zustimmungslösung: Die Organentnahme ist verboten, wenn der potentielle Spender zu Lebzeiten nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Eine fehlende Einwilligung kann später durch niemanden stellvertretend nachgereicht werden.

    Informationslösung: Die Organentnahme ist nur zulässig, wenn der potentielle Spender zu Lebzeiten zugestimmt hat. Liegt weder Zustimmung noch Widerspruch vor, werden die Angehörigen gebeten, innerhalb einer angemessenen Frist darüber zu entscheiden. Ist die Frist ohne Entscheidung der Angehörigen abgelaufen, werden Organe entnommen.

    Erweiterte Zustimmungslösung: Die Organentnahme ist grundsätzlich unzulässig, wenn der potentielle Spender zu Lebzeiten nicht einwilligte. Die Einwilligung kann aber nach seinem Tod ersatzweise von den Angehörigen gegeben werden. 

    Entscheidungslösung: Sie stellt eine Abwandlung der erweiterten Zustimmungslösung dar. Hier sollen die Bürger regelmäßig mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgt werden, damit sie eine sichere Entscheidung für oder gegen die Organ- und Gewebespende treffen können.

    Widerspruchslösung: Die Organentnahme ist grundsätzlich zulässig, wenn der potentielle Spender zu Lebzeiten nicht ausdrücklich schriftlich widersprochen hat. 
     

    Reziprozitätslösung: Nur derjenige, der sich selber als potenzieller Spender registrieren lässt, erhält im Gegenzug im Krankheitsfall bevorzugt selber ein Organ. 
     
     



    Rechtliche Regelungen in anderen europäischen Ländern
     
     

    Eurotransplant ist die Vermittlungsstelle für Organspenden in 8 Staaten, den Benelux-Ländern, Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien und Ungarn. Vorrangiges Ziel ist die optimale Verfügbarkeit von Spenderorganen.
    nach Wikipedia (Januar 2020) - Regelungen auch für andere Länder



     

    Organspende - Schweigen als Zustimmung?
    Zwei Gesetzesentwürfe im Bundestag
     
    Bei der Widerspruchslösung ist jeder ein Organspender, es sei denn er widerspricht.
    Abgeordnete verschiedener Fraktionen haben einen Gesetzesentwurf für eine Widerspruchslösung eingebracht, unter ihnen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD).

    Danach sollen alle Volljährigen als Organspender gelten. Man soll dazu aber später Nein sagen können, ansonsten wäre auch noch bei Angehörigen nachzufragen.

    Dies lehnt eine Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock ab. Sie schlägt vor, alle Bürger mindestens alle zehn Jahre auf das Thema Organspende anzusprechen.

    Die Widerspruchslösung ist hochumstritten – auch im Deutschen Ethikrat. Das Gremium hat kein einheitliches Votum zustande gebracht, jeder spricht für sich. 

    Schweigen als Zustimmung - für die Göttinger Medizinethikerin Claudia Wiesemann (Deutscher Ethikrat) bleibt das eine Bankrotterklärung der moralischen Verantwortung. Für einen Intensivarzt sei es wichtig zu wissen, dass sich jemand ganz bewusst für eine Organspende entschieden habe. "Das würde mich in einer solchen Situation entlasten. Die Widerspruchslösung tut das nicht.“ 
     

    Deutschland importiert Organe

    "SPD-Mann Lauterbach verweist indes darauf, dass Deutschland derzeit in puncto Organspende massiv auf Kosten der europäischen Nachbarländer handele. Patienten in Deutschland empfangen tatsächlich über den Austauschmechanismus von Eurotransplant deutlich mehr Organe, als hierzulande gespendet werden. "Wir bekommen gerne Organe aus Ländern, die die Widerspruchslösung praktizieren", folgert Lauterbach.

    Diese Einbahnstraße sei im Sinne der Nachbarländer künftig nicht mehr zumutbar. Sollte der Bundestag sich gegen die Widerspruchslösung aussprechen, sieht er eine scharfe Konsequenz: "Dann müssen wir künftig darauf verzichten, Organe aus solchen Ländern in Deutschland zu transplantieren."
     ("Tagesschau.de", 12.1. 2020)



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