"Die Bereitschaft dafür muss belohnt werden"

Dr. med. Alena Buyx, 30, Medizinethikerin an der Universität Münster, forscht zu den moralischen Aspekten der Organtransplantation.
 

chrismon: Glauben Sie, dass mehr Menschen einen Organspendeausweis ausfüllen, wenn es eine Belohnung gäbe?
Alena Buyx: Ja. In Deutschland sterben jeden Tag mindestens drei Menschen, weil es an Spenderorganen fehlt. In Umfragen erklären circa 70 Prozent der Deutschen, dass sie - etwa im Falle eines Unfalls - prinzipiell Organe spenden würden. Aber nur acht Prozent haben einen Spendeausweis. Diese Diskrepanz ist zu groß.

Woran denken Sie konkret?
An einen moderaten Anreiz. Einen Steuervorteil, einen Bonus zur Krankenversicherung, einen Zuschuss zu den Beerdigungskosten.

Wie viel ist denn "moderat"?
Das möchte ich nicht festlegen, aber als Vorschlag: Ein Steuervorteil wirkt sich über Jahre aus. Über einen langen Zeitraum müsste er sich um einige Tausend Euro bewegen, sonst merkt man davon nichts auf der Gehaltsabrechung. Bei Zuschuss für die Beerdigungskosten könnte man an einige Hundert Euro denken.

Das klingt nach Organhandel...
Nein! Organhandel bedeutet Verkauf von Organen, vor allem von Lebendspendern. Darum geht es nicht. Es geht nur darum, die Bereitschaft, nach dem Tod als Organspender zur Verfügung zu stehen, zu belohnen. Zum Vergleich: Als Studentin habe ich Blut gespendet. Und zugegebenermaßen auch, weil es eine Aufwandsentschädigung gab, die de facto für das Blut bezahlt wurde. Mein Vorschlag ist weniger kommerziell als die Blutspende.

Wer arm ist, füllt einen Ausweis aus - stört Sie das nicht?
Das ist ein zentrales Argument gegen die Bezahlung von Lebendspenden: Die wären ausgerechnet für jene attraktiv, die ohnehin schon schlecht gestellt sind und sich dann körperlich noch schlechter stellen. Bei einer Organspende nach dem Tod greift das Argument nicht. Allerdings kann ich nicht ganz wegdiskutieren, dass mein Modell für jemanden, der nicht gerade 10 000 Euro im Monat nach Hause trägt, etwas attraktiver ist.

Gibt es in anderen Ländern Erfahrungen mit Ihrem Modell?
Eine Studie aus den USA zeigt, dass sich mehr Menschen zu Spendern erklären würden, wenn es finanzielle Anreize dafür gäbe.

(Aus: Chrismon 1-2008)

 

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